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Neue Westfälische

Streit um ein jüdisches Begräbnis

Jüdische Kultusgemeinde Bielefeld

Der Wechsel nach Herford und seine Folgen


"Ein Rachefeldzug auf dem Rücken einer Verstorbenen", vermutet Schwiegersohn Leonid Dimant hinter dem Verhalten des Vorstands der jüdischen Gemeinde in Bielefeld. Der habe durch Verzögerungen, Ablehnung und überhöhte Geldforderungen die Beisetzung am heutigen Dienstag verhindert. Irith Michelsohn, die Vorsitzende der Gemeinde, weist die Vorwürfe zurück. Sie habe nach der Friedhofsordnung gehandelt. Trotz der engen Zeit sei die Beerdigung kurzfristig möglich gewesen. Die Familie entschied gestern verärgert, Rosenblium doch in Herford beizusetzen.

Hintergrund des Streits sind die seit Jahren schwelenden Konflikte um den Vorstand mit Michelsohn, die 2001 Vorsitzende wurde. Ärger gab es über den Zustand des jüdischen Friedhofs am Johannisfriedhof, den Bau der Synagoge und Wahlen. Die Fronten sind verhärtet. 2007 gipfelte der Konflikt in einer Austrittswelle. Mehr als 40 Mitglieder wechselten in die Herforder Gemeinde, auch Raiza Rosenblium. Der alte Vorstand mit Michelsohn und Yuval Adam sieht sich trotz zwischenzeitlicher Abwahl weiter als rechtmäßige Vertretung der Gemeinde – zum Ärger derer, die gewechselt sind.

Trotzdem bemühte sich die Familie von Raiza Rosenblium darum, dass die Bielefelder Gemeinde die Beisetzung auf dem Bielefelder Friedhof erlaubt, auch wenn die Verstorbene zur Herforder Gemeinde gehörte. Die Ordnung für den Bielefelder Friedhof lässt dies durchaus zu, knüpft es aber an Bedingungen: Die Zahlung eines hundertprozentigen Aufschlags und Vorauszahlung. Im Fall Rosenblium hätte das einen Betrag von 4.860 Euro bedeutet. Dimant: "Ein Mondpreis." Außerdem verlangen die Bielefelder eine schriftliche Einverständnis-Erklärung der Herforder Gemeinde. Auflagen, die Dimant im Todesfall angesichts kurzer Fristen für hart, teils auch willkürlich hält.

Der Wunsch der Familie, der Herforder Jokow Zelewitsch solle statt des Bielefelder Kantors das Totengebet sprechen (Dimant: "Der Mann unseres Vertrauens."), erschwerte zusätzlich eine Einigung mit dem Vorstand. Denn Zelewitsch war früher Kantor in Bielefeld und gehörte zu den heftigsten Kritikern, die nach Herford wechselten.

Michelsohn erklärte gestern, sie habe ordnungsgemäß gehandelt, in Absprache mit dem Landesverband. Die Satzung sei üblich, für jeden einsehbar und orientiere sich an den städtischen Gebühren. Den Aufschlag für Nichtmitglieder begründet sie damit, dass die Mitglieder ja Kultussteuer oder -geld (wie bei der Kirche) zahlen, die der Gemeinde die Finanzierung auch des Friedhofs erst ermöglichen. Eine Ablehnung habe es im Fall Rosenblium nicht gegeben.

Zwi Rappoport, stellvertretender Landesvorsitzender, sagte, er habe geraten, pietätvoll mit dem Fall umzugehen: "Man muss sich arrangieren." Grundsätzlich sollten die Gemeinden dem Wunsch des Verstorbenen nachkommen, "allerdings müssen sie dann auch ihre Kosten ersetzt bekommen."

JOACHIM UTHMANN, 11.08.2009 www.nw-news.de